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Jüdisches Leben in Hattersheim

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Einführung

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Das Landjudentum

Die Frankfurter Judengasse
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Im Mittelalter lebten auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands die
meisten Jüdinnen und Juden noch in den Städten. In der Frühen Neuzeit setzte - durch politische und ökonomische Entwicklungen sowie durch zunehmende Verfolgung bedingt - eine Abwanderung auf das Land ein.
Die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung lebte vom 15./ 16. Jahrhundert
an bis zur rechtlichen Umsetzung der "Judenemanzipation" im 19. Jahr-
hundert in Kleinstädten und Dörfern.  

Über die Geschichte, das Alltagsleben dieser sogenannten Landjuden ist
meist wenig bekannt - das jüdische Leben in den Großstädten ist wesentlich umfangreicher dokumentiert.

Es handelte sich um eine heterogene Gruppe, deren Gestalt durch unter-
schiedliche territoriale, ökonomische, politische und soziale Einflussfaktoren geprägt war. Das "Judenregal" lag in den Händen der jeweiligen Landes-
herren. Das Leben der Jüdinnen und Juden wurde geregelt durch Schutz-
briefe beziehungsweise Judenordnungen. Sie selbst organisierten sich in
der Frühen Neuzeit, vereinzelt auch noch bis ins 19. Jahrhundert hinein,
in sogenannten Landesjudenschaften.  

In vielen Ortschaften entstanden im Laufe der Zeit Glaubensgemeinden, welche ein von der christlichen Gemeinde unabhängiges Sozialwesen organisierten. Aufgrund von Zuzugsbeschränkungen blieben diese jedoch häufig klein.

Durch Verbote von zahlreichen Erwerbsmöglichkeiten ausgeschlossen und in eine Außenseiterrolle gedrängt, waren die Jüdinnen und Juden vor allem im Warenhandel - meist von Agrarprodukten wie Vieh - und im Metzgerhandwerk tätig. Ein weiterer Erwerbszweig war das Darlehensgeschäft sowie die Pfand-
leihe. Sie erfüllten somit eine wichtige Funktion im Wirtschafts- wie im All-
tagsleben der Landgemeinden und Kleinstädte.  

Das Verhältnis zwischen der jüdischen Minderheit und der christlichen Mehrheitsbevölkerung war dabei nicht unbelastet, oft von Vorurteilen
und Stigmatisierungen geprägt.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts setzte ein Auflösungsprozess des Landjuden-
tums ein. Und obwohl es natürlich weiterhin antijudaistische beziehungsweise antisemitische Ressentiments und Konflikte gab, so waren die jüdischen Ein-
wohnerinnen und Einwohner der Landgemeinden zu diesem Zeitpunkt oft gut in die Gemeinschaften integriert. Die persönliche Identifikation mit dem Wohnort war meist groß. 

Auch auf dem Gebiet der heutigen Stadt Hattersheim am Main siedelten
sich Landjuden an. Erste Belege für jüdisches Leben stammen aus dem
17. Jahrhundert.


Die Frankfurter Judengasse
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Jüdisches Leben in den Hattersheimer Gemeinden

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Hattersheim

Hattersheimer Gemeinderechnungen, 18. Jahrhundert.
Hattersheimer Gemeinderechnungen, 18. Jahrhundert.
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Erste Hinweise auf jüdisches Leben in Hattersheim stammen
aus der Frühen Neuzeit. Belegt wird ihre Anwesenheit durch überlieferte Rech-
nungen, hatten sie
doch der Gemeinde ein Beisassengeld und dem zuständigen Amt einen Leibzoll zu zahlen. 
In einer Hofheimer Kellereirechnung aus
dem Jahre 1653 wird ein jüdischer Krämer aus der Gemeinde Hattersheim mit dem Namen Freigam erwähnt. In einer Gemeinderechnung aus dem
Jahr 1655 wird ein Betrag von drei Gulden genannt, welcher "von Ephraim, unserem Juden, für seine gemeine Hut- und Wachtbefreiung" zu zahlen war. Es scheint sich hierbei um dieselbe Person gehandelt zu haben, ist Ephraim doch die Ausgangsform der Namen Freigam und Freiam oder
auch Freythumb. Als Krämer am Ort taucht sein Name auch in den
folgenden Jahren immer wieder in den Rechnungen der Gemeinde auf.

Seit dem Jahre 1663 werden dort in der Regel zwei, ab 1715 meist drei jüdische Familien genannt. Um 1800 lebten in Hattersheim vier jüdische Ehepaare mit insgesamt vier Söhnen und fünf Töchtern.

Als Begräbnisstätte wurden die jüdischen Friedhöfe in Niederhofheim
und Bad Soden genutzt.

Wie in vielen anderen Gemeinden, so waren auch die Hattersheimer Jüdinnen und Juden vor allem im Viehhandel tätig. Viehhandelsprotokolle aus der Zeit von April 1788 bis März 1789 belegen, dass bei insgesamt 48 abgeschlossenen Verkäufen an nur sechs kein jüdischer Händler beteiligt war.


 










Hattersheimer Gemeinderechnungen, 18. Jahrhundert.
Hattersheimer Gemeinderechnungen, 18. Jahrhundert.
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Auszug aus den Hattersheimer Viehhandelsprotokollen

Auszug aus den Hattersheimer Viehhandelsprotokollen, 1796.
Auszug aus den Hattersheimer Viehhandelsprotokollen, 1796.
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"Actum Hattersheim [...] 12ten [Febr.] 1796  

Es vertauschte jud David von hier eine Kuh samt dem

Kalb unterm 1ten Febr. gegen eine andere Kuh mit 

Mathes Sweickhart jun: letztere girbt dem juden zu

2 Karolin 1 Sim korn [..., und] 1 Sim: [...,gärst], die Zahlung so

gleich, Verkaifern sind einander gut vor frisch und ge-

sund."      
Auszug aus den Hattersheimer Viehhandelsprotokollen, 1796.
Auszug aus den Hattersheimer Viehhandelsprotokollen, 1796.
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Rekonstruktion der Höchster Synagoge, Marc Grellert, Architectura Virtualis GmbH, TU Darmstadt, 2010.
Rekonstruktion der Höchster Synagoge, Marc Grellert, Architectura Virtualis GmbH, TU Darmstadt, 2010.
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Der Mittelpunkt des religiösen Lebens einer jüdischen Gemeinde war und
ist die Synagoge. In kleineren Gemeinden gab es anstelle eines prächtigen Gotteshauses meist ein kleineres Bethaus oder einen Betsaal, welcher zugleich die Funktion eines Lehrhauses erfüllte. Oft wurden diese Art von Räumlichkeiten auch "jiddische schul" genannt. In Hattersheim entbrannte Ende des 18. Jahrhunderts über das Abhalten von Gottesdiensten in der jüdischen Schule ein größerer Konflikt.

Im Judentum ist eine Anzahl von mindestens zehn im religiösen Sinne mündigen Juden (ehemals: Männern) nötig, um einen Gottesdienst
abzuhalten ("Minjan"). In kleinen Gemeinden konnte diese Vorschrift
zum Problem werden. 

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hatte man es den Hattersheimer Jüdinnen und Juden erlaubt, eine Schule, welche später auch als Synagoge bezeichnet wurde, zu unterhalten und dort Gottesdienste zu feiern. Seit den 1760er Jahren sollen auch Jüdinnen und Juden aus Hofheim an Hattersheimer Gottesdiensten teilgenommen haben, zeitweise auch die aus Okriftel.

Da die Hofheimer Jüdinnen und Juden bald (wieder) ihre eigenen Räum-
lichkeiten nutzen wollten und somit die Mindestanzahl der nötigen Gottes-
dienstteilnehmer nicht mehr gewährleistet war, entbrannte ein Streit darüber, an welchem Ort die Mitglieder der umliegenden jüdischen Gemeinden ihren Gottesdienst abzuhalten hatten. Im Juli 1788 richtete Abraham Moyses im Namen der  Hattersheimer Gemeinde eine Beschwerde an die Mainzer Landesherrschaft.

Die Auseinandersetzung war langwierig, Kompromisslösungen scheiterten. Erst die Errichtung einer Kreissynagoge in Höchst im Jahre 1816 konnte
den Konflikt beenden.
Rekonstruktion der Höchster Synagoge, Marc Grellert, Architectura Virtualis GmbH, TU Darmstadt, 2010.
Rekonstruktion der Höchster Synagoge, Marc Grellert, Architectura Virtualis GmbH, TU Darmstadt, 2010.
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Standort und Gestalt der Synagoge

Auszug aus dem "Inventarium", 1843.
Auszug aus dem "Inventarium", 1843.
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Über die Lage und Ausstattung der jüdischen Schule beziehungsweise Synagoge in Hattersheim ist nur wenig bekannt. Erstmals wird sie im
Jahre 1795 durch einen Amtsvogt beschrieben:  Sie soll sich

"in einem alten Häuschen und elenden Winkel bei einer Judenwitwe"

befunden haben. Im Brandkataster von 1841 wird das entsprechende Gebäude als einstöckiger Fachwerkbau in gutem Zustand von 18 Fuß Länge und neun Fuß Tiefe dargestellt.

Im "Inventarium über das sämtliche Vermögen der israelitischen Gemeinde Hattersheim - aufgestellt 1843 durch den Vorsteher M. D. [Michael David, d. Verf.] Oppenheimer [...]" - wird die Gestalt der jüdischen Schule wie folgt geschildert:

"Ein in Holz erbautes einstöckiges mit Ziegeln gedecktes Haus [;] enthält:

2 Zimmer, Speicher und Vorplatz [...]"

"2 Zimmer dienen zum Besuchen des Gottesdienstes [;] desg. der Vorplatz

und der Speicher ist leer"

Im Jahre 1906 wird als Standort der Synagoge [sic] das Grundstück des
David Oppenheimer in der Sackgasse hinter der Erbsengasse angegeben.
Es ist bisher nicht bekannt, wie lange das Gebäude zur Abhaltung von Gottesdiensten genutzt wurde und wann es wie den Besitzer wechselte.
Auszug aus dem "Inventarium", 1843.
Auszug aus dem "Inventarium", 1843.
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Eddersheim

Ehemaliges jüdisches Schlachthaus, Fischergasse 5.
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Auch in Eddersheim finden sich erste Spuren jüdischen Lebens im
17. Jahrhundert. Im Jahre 1694 lebten hier vier jüdische Familien.
Sie gehörten zur jüdischen Gemeinde in Flörsheim, einer der ältesten
ihrer Art im Rhein-Main-Gebiet. 1843 wurde sie mit Weilbach und
Wicker zur Israelitischen Kultusgemeinde Flörsheim zusammengefasst.

Eine eigene jüdische Schule gab es in Eddersheim offenbar nicht - man besuchte die Gottesdienste in Flörsheim. Aufgrund der räumlichen Nähe
zu Okriftel, baten die in Eddersheim lebenden Jüdinnen und Juden immer wieder darum, sich der dortigen Gemeinde anschließen zu dürfen. Doch
nur vereinzelt wurde es erlaubt, dass jüdische Schülerinnen und Schüler
von einem für Hattersheim und Okriftel zuständigen Lehrer unterrichtet wurden.

Wie in Hattersheim, so waren auch die Eddersheimer Jüdinnen und Juden
vor allem im Vieh- und Lebensmittelhandel tätig, manche betrieben
etwas Landwirtschaft. Es gab einen jüdischen Metzger.

Als Begräbnisstätte wurde der jüdische Friedhof in Flörsheim und zeitweise vermutlich auch der in Mainz genutzt.

Das ehemalige jüdische Schlachthaus, ein Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, steht in Eddersheim bis heute.
Ehemaliges jüdisches Schlachthaus, Fischergasse 5.
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Okriftel

"Beisassen und Juden Geld", Okrifteler Bürgermeisterrechnung, 1799.
"Beisassen und Juden Geld", Okrifteler Bürgermeisterrechnung, 1799.
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Auch in Okriftel finden
sich erste Belege für jüdisches Leben im
17. Jahrhundert. Ab
1615 ist die Ausstel-
lung von Schutzbriefen beziehungsweise die Erhebung von Leibzoll
für hier lebende Jüdinnen und Juden nachweisbar. Bis Mitte des 18. Jahr-
hunderts war die jüdische Gemeinde offenbar noch zu klein, um eigene Gottesdienste durchführen zu können, sodass die Okrifteler Jüdinnen und Juden zunächst die jüdische Schule in Hattersheim besuchten.

Da Hattersheim zu dieser Zeit zu Kurmainz, Okriftel jedoch zu Nassau
gehörte, hatten sie jedes Mal Leibzoll zu zahlen. 1765 durften sie daher
eigene Gottesdienste in einem privaten Haushalt abhalten.

In der Folgezeit nahm die Zahl der jüdischen Einwohnerinnen und Ein-
wohner in Okriftel vermutlich wieder ab. Im Jahr 1788 besuchten zwei jüdische Männer aus Okriftel erneut den Hattersheimer Gottesdienst. In
einer Okrifteler Bürgermeisterrechnung aus dem Jahre 1799 werden nur
fünf jüdische Männer genannt.

Aus Okriftel stammte der Lehrer Mannheimer, welcher ab 1850 mehr als fünfzig Jahre lang das Amt des Religionslehrers für die Orte Hattersheim, Hofheim und Okriftel ausübte.

Als Begräbnisstätte der Okrifteler Juden wurden die jüdischen Friedhöfe
in Niederhofheim und Bad Soden genutzt.
"Beisassen und Juden Geld", Okrifteler Bürgermeisterrechnung, 1799.
"Beisassen und Juden Geld", Okrifteler Bürgermeisterrechnung, 1799.
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Die Belegschaft der Okrifteler Seifenfabrik von Ferdinand und Ludwig Lang, 1920er Jahre, v. l. Lina Geis, Hermann Hahn, Karl Becker, Philipp Kirchhof, Maja Buch, Hermine Hahn (verh. Hochheimer), Otto Bretting, Jean Loos, Paul Jäger.
Die Belegschaft der Okrifteler Seifenfabrik von Ferdinand und Ludwig Lang, 1920er Jahre, v. l. Lina Geis, Hermann Hahn, Karl Becker, Philipp Kirchhof, Maja Buch, Hermine Hahn (verh. Hochheimer), Otto Bretting, Jean Loos, Paul Jäger.
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Die Geschichte der Gemeinde Okriftel ist untrennbar mit
der des jüdischen Unternehmertums vor Ort verbunden.

Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch die Unter-
mainregion von der Industrialisierung erfasst wurde, gründeten
jüdische Einwohner Industriebetriebe, die den Ort nachhaltig
verändern sollten.

1873 eröffnete unter der Leitung von Moses Haas eine Fetthütte.
Diese produzierte Rohstoffe, die für die Herstellung von Seifen
benötigt wurden.

Sein Schwiegersohn - Marius Lang - errichtete in der Neugasse eine
Seifenfabrik. Während die Fetthütte aufgrund von Unwirtschaftlichkeit
1908 schließen musste, war die Seifenfabrik ein erfolgreiches Geschäft
und einige Zeit der größte Arbeitgeber am Ort.
Die Belegschaft der Okrifteler Seifenfabrik von Ferdinand und Ludwig Lang, 1920er Jahre, v. l. Lina Geis, Hermann Hahn, Karl Becker, Philipp Kirchhof, Maja Buch, Hermine Hahn (verh. Hochheimer), Otto Bretting, Jean Loos, Paul Jäger.
Die Belegschaft der Okrifteler Seifenfabrik von Ferdinand und Ludwig Lang, 1920er Jahre, v. l. Lina Geis, Hermann Hahn, Karl Becker, Philipp Kirchhof, Maja Buch, Hermine Hahn (verh. Hochheimer), Otto Bretting, Jean Loos, Paul Jäger.
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Siegfried Bloch (1. v. l.), Kommerzienrat Philipp Offenheimer (2. v. l.) und der Okrifteler Bürgermeister Peter Milch (3. v. l.) bei der Grundsteinlegung für das Okrifteler Spritzenhaus in der Langgasse/ Ecke Kirchgrabenstraße, 1928.
Siegfried Bloch (1. v. l.), Kommerzienrat Philipp Offenheimer (2. v. l.) und der Okrifteler Bürgermeister Peter Milch (3. v. l.) bei der Grundsteinlegung für das Okrifteler Spritzenhaus in der Langgasse/ Ecke Kirchgrabenstraße, 1928.
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Dies änderte sich erst mit der Errichtung der Okrifteler Cellulosefabrik
im Jahre 1884. 1886 übernahm der damals 25-jährige Philipp Offenheimer,
Sohn eines jüdischen Kaufmanns aus dem Schwarzwald, die Fabrik vom Gründer Hermann Krebs und baute sie stetig aus. 1900 wurde eine Papierfabrik errichtet - das Unternehmen war innovativ und florierte.
Im Jahre 1910 waren hier bereits 226 Arbeiterinnen und Arbeiter
beschäftigt. In der ersten Hälfte der 1920er Jahre wurde eine kleine Sulfitspritfabrik errichtet.

Je erfolgreicher das Unternehmen wurde, desto mehr wuchs die Ver-
bundenheit Offenheimers zu Okriftel. Er erwarb die Bonnemühle,
welche er durch den berühmten Architekten Georg Metzendorf im
Jahre 1916 zu seinem Sommersitz und die eigentliche Mühle zur Wasserversorgung für die Papierfabrik umbauen ließ.

Philipp Offenheimer wurde zu einem Mäzen der Gemeinde Okriftel. So war
er etwa an der Einführung der elektrischen Straßenbeleuchtung im Jahre
1908 beteiligt. Er trat als Spender zur Errichtung des Okrifteler Rathauses auf. Und auch für seine Arbeiterinnen und Arbeiter sorgte er gut: Neben Weih-
nachtsgeld wurden auch Dienstalterprämien und Sterbegeld ausgezahlt.
Es gab eine Werksbücherei.

Nach dem Tod Philipp Offenheimers im Jahre 1930 übernahm dessen Sohn Ernst zusammen mit seinem Schwager Siegfried Bloch die Leitung der Fabrik.
Siegfried Bloch (1. v. l.), Kommerzienrat Philipp Offenheimer (2. v. l.) und der Okrifteler Bürgermeister Peter Milch (3. v. l.) bei der Grundsteinlegung für das Okrifteler Spritzenhaus in der Langgasse/ Ecke Kirchgrabenstraße, 1928.
Siegfried Bloch (1. v. l.), Kommerzienrat Philipp Offenheimer (2. v. l.) und der Okrifteler Bürgermeister Peter Milch (3. v. l.) bei der Grundsteinlegung für das Okrifteler Spritzenhaus in der Langgasse/ Ecke Kirchgrabenstraße, 1928.
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Ein Betraum für die Okrifteler Juden

Die ehemalige jüdische Schule in Okriftel, 2008.
Die ehemalige jüdische Schule in Okriftel, 2008.
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Aufgrund der geringen Größe der Gemeinde mussten die Jüdinnen und
Juden aus Okriftel Ende des 18. Jahrhunderts wieder die Gottesdienste
in Hattersheim besuchen. Ob es in der Folgezeit abermals einen Betraum
oder Ähnliches in Okriftel gab, ist derzeit nicht bekannt.

In der Zeitung "Der Israelit" wird für den 8. Juli 1900 von einer Feier zum fünfzigjährigen Dienstjubiläum des Lehrers und Kantors E. Mannheimer berichtet. Im Rahmen dieser Feierlichkeiten wurde eine Thora eingeweiht.
Ob und wo in Okriftel diese Thora zum Einsatz kam, ist bisher ebenfalls
nicht erforscht.

Jedoch belegt ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 1906, dass Philipp Offenheimer der Gemeinde eine neue Thora-Rolle spendete. Es ist naheliegend, dass diese auch in Okriftel zur Abhaltung von Gottes-
diensten genutzt wurde.

In den kommenden Jahren stellte Philipp Offenheimer den Okrifteler
Jüdinnen und Juden auf dem Gelände der Fabrik einen Betraum in der sogenannten jüdischen Schule zur Verfügung.

Das Gebäude wurde um 1909/10 entlang der Kirchgrabenstraße als rechteckiger, zweigeschossiger Bau mit einer hölzernen Außentreppe
und Flachdach errichtet. Auf einem Lageplan aus dem Jahre 1911 tritt es
als "Bibliothek" erstmals in Erscheinung.

In den Jahren 1915 bis 1920 sollen hier Gottesdienste gefeiert worden
sein. Später wurde das Gebäude erneut als Bibliothek genutzt.
Die ehemalige jüdische Schule in Okriftel, 2008.
Die ehemalige jüdische Schule in Okriftel, 2008.
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Judenverfolgung

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Die jüdischen Gemeinden
in Okriftel, Hattersheim
und Eddersheim waren
und blieben klein.

Als die Nationalsozialisten
1933 die Macht übernahmen,
konnten sie jedoch auf eine
fast 300-jährige Tradition
zurückblicken.

1933 lebten in Okriftel 32
Jüdinnen und Juden -
in Hattersheim waren es
15 und in Eddersheim 11.

Nach der "Machtergreifung"
hatten natürlich auch sie,
all diejenigen, die nach
NS-Definition als "Jude"
galten, unter der fortschreit-
enden Diskriminierung, Ent-
rechtung und Verfolgung
zu leiden.


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Werbeanzeige für das Kaufhaus des Bernhard Hahn in Okritel. Hahn stammte aus einer der ältesten jüdischen Familien in Eddersheim. In der Okrifteler Langgasse eröffnete er ein Manufakturwarengeschäft, 1925 zu einem kleinen Kaufhaus umgebaut.
Werbeanzeige für das Kaufhaus des Bernhard Hahn in Okritel. Hahn stammte aus einer der ältesten jüdischen Familien in Eddersheim. In der Okrifteler Langgasse eröffnete er ein Manufakturwarengeschäft, 1925 zu einem kleinen Kaufhaus umgebaut.
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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde der Antisemitismus erstmals zur Doktrin eines Staates. Erklärtes Ziel war die rasche Ausgrenzung der jüdischen Bevöl-
kerung aus allen Gesell-
schafts- und Lebens-
bereichen. Insgesamt wurden in der Zeit des Nationalsozialismus circa 2.000 antijüdische Gesetze oder Verordnungen erlassen. Eine erste Terrorwelle erfolgte
noch im Frühjahr 1933.

Aprilboykott
Am 1. April 1933 begann eine vom  "Zentral-Komitee zur Abwehr der jüdischen Greuel- und Boykotthetze" orga-
nisierter, reichsweiter Boykott jüdischer Geschäfte, Unternehmen, Rechtsanwälte und Ärzte. Die Parole?
"Deutsche! Wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden!". Auch in den drei Hattersheimer Gemeinden wurden die jüdischen Betreiber von
Geschäften Opfer der "Boykottaktionen".

In der Okrifteler Papier- und Cellulosefabrik beispielsweise erschien der NSDAP-Kreisleiter persönlich, um die Fabrik zu schließen. SA-Mitglieder drangen auf das Gelände vor, um die Arbeitsprozesse zu stören. Vor dem Hintergrund, dass die Fabrik auch für das Ausland produzierte, wurde sie jedoch nicht vollends stillgelegt.

Nur wenige Straßen weiter, in der Okrifteler Langgasse, wurde die Familie Hahn, welche ein kleines, jedoch sehr erfolgreiches Kaufhaus betrieb,
Opfer der "Aktion". Der Parteigenosse und spätere NSDAP-Ortsgruppenleiter, Schullehrer Oskar Schneider, notierte die Namen von Kunden, die trotz Boykott im Laden einkauften und leitete diese an die Ortsgruppenleitung weiter.


Werbeanzeige für das Kaufhaus des Bernhard Hahn in Okritel. Hahn stammte aus einer der ältesten jüdischen Familien in Eddersheim. In der Okrifteler Langgasse eröffnete er ein Manufakturwarengeschäft, 1925 zu einem kleinen Kaufhaus umgebaut.
Werbeanzeige für das Kaufhaus des Bernhard Hahn in Okritel. Hahn stammte aus einer der ältesten jüdischen Familien in Eddersheim. In der Okrifteler Langgasse eröffnete er ein Manufakturwarengeschäft, 1925 zu einem kleinen Kaufhaus umgebaut.
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Radikalisierung der "Judenpolitik"

Sophie Maas (u. li.) auf der Feier anlässlich der Verlobung ihres Sohnes Alexander (3. v. li.), 1928.
Sophie Maas (u. li.) auf der Feier anlässlich der Verlobung ihres Sohnes Alexander (3. v. li.), 1928.
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Noch 1933 folgten weitere Maßnahmen zur Ausgrenzung und Repression
der Jüdinnen und Juden in Deutschland. Die rassistische NS-Ideologie fand etwa durch das "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" Eingang in die Legislative. Weitere Ausschlüsse aus Berufen, aus den Uni-
versitäten und Schulen, aus nichtjüdischen Kultureinrichtungen führten in
der Folgezeit zu einer weitgehenden privaten und öffentlichen Isolation. Vor allem politisch verfolgte und jüngere Jüdinnen und Juden entschlossen sich in dieser Situation zur Emigration. Die meisten blieben jedoch. Viele suchten nach Formen der Selbstbehauptung und es formierten sich Maßnahmen zur jüdischen Selbsthilfe.

Die "Nürnberger Gesetze" (1935) machten Jüdinnen und Juden faktisch
zu Bürgerinnen und Bürgern minderen Rechts. Sie waren die rechtliche Grundlage für die fortschreitende Diskriminierung und Verfolgung.

Sophie Maas, 1874 als Sophie Dreyfuß in Hattersheim geboren, hatte den Kaufmann Friedrich Ernst Maas geheirat, welcher nicht "jüdischer Herkunft" war. 1907 kam ihr gemeinsamer Sohn Alexander zur Welt. Sophie Maas betrieb in der Hauptstraße (heute: Parkplatz Erbsengasse) ein Lebensmittelgeschäft.

Die Ehe wurde bereits 1922 geschieden. Nach Erlass waren die jüdischen Partner einer solchen "Mischehe" nach Scheidung nur dann geschützt, wenn es noch unversorgte Kinder gab - Sohn Alexander war zu diesem Zeitpunkt bereits erwachsen. Daher fiel Sophie Maas auch nicht unter den "Sonder-
status", welchen die "Mischehe"-Partner mitunter einnahmen und welcher  unter bestimmten Umständen die Betroffenen vor einzelnen Verfolgungs-
maßnahmen schützen konnte.

1939 wurde Sophie Maas die Besitzübertragung ihres Hauses auf den Sohn versagt. Ab April 1940 musste sie ihr Geld auf ein sogenanntes "Sicherungs-
konto" einzahlen und konnte darüber nicht mehr verfügen.

Im Mai 1943 erhielt sie eine Vorladung. Sie wurde im Polizeigefängnis in der Frankfurter Klapperfeldstraße untergebracht und von dort aus nach Auschwitz deportiert. Wenige Monate später erhielt die Gemeinde Hattersheim die Nachricht, dass Sophie Maas dort am 12. September 1943 gestorben war.

Sophie Maas (u. li.) auf der Feier anlässlich der Verlobung ihres Sohnes Alexander (3. v. li.), 1928.
Sophie Maas (u. li.) auf der Feier anlässlich der Verlobung ihres Sohnes Alexander (3. v. li.), 1928.
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Zäsur der deutsch-jüdischen Geschichte

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Gegen Ende des Jahres 1937 kam von Seiten des nationalsozialistischen Regimes Unzufriedenheit darüber auf, dass das bisherige Vorgehen gegen
die jüdische Bevölkerung nicht den gewünschten Erfolg gezeigt hatte.

Anfang 1938 lebten im "Altreich" noch etwa 360.000 Jüdinnen und Juden, über 65 % von ihnen (in Folge der Flucht vom Lande) in den Großstädten.
Nur etwa 100.000 hatten bis zu diesem Zeitpunkt das Land verlassen. Nachdem es 1936 und auch noch 1937 zu einer gewissen Verzögerung der antisemitischen Verfolgung gekommen war, wurden im "Schicksalsjahr"
1938 im verstärkten Maße und in beschleunigter Form antijüdische Gesetze und Verordnungen erlassen sowie antisemitische "Aktionen" durchgeführt. Innerhalb von wenigen Monaten verschlechterte sich die Situation immens. Schließlich eskalierte die Gewalt.

Vorrangig wurde vor allem die endgültige Ausschaltung der Jüdinnen und Juden aus dem Wirtschaftsleben forciert. Ab dem 26. April 1938 mussten
so alle Vermögen über 5.000 Reichsmark bei den Behörden angemeldet
werden. Über diese konnte nun der Staat verfügen. Daneben traten
weitere Berufsverbote in Kraft.
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"Arisierung" der Okrifteler Papier- und Cellulosefabrik: Gauleiter Sprenger (li.) im Gespräch mit Friedrich Minoux (re.) vor dem Verwaltungsgebäude in der Kirchgrabenstraße, 1938.
"Arisierung" der Okrifteler Papier- und Cellulosefabrik: Gauleiter Sprenger (li.) im Gespräch mit Friedrich Minoux (re.) vor dem Verwaltungsgebäude in der Kirchgrabenstraße, 1938.
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Nach dem Tode Philipp Offenheimers im Jahre 1930 übernahmen dessen Sohn  Ernst Offenheimer und der Schwiegersohn Siegfried Bloch die Leitung der Fabrik. Lange widersetzten sie sich den Schikanen und dem Druck, das Unternehmen zu verkaufen.

Die Industrie- und Handelskammer versuchte immer wieder, den Verkauf der Fabrik zu erzwingen. Doch auch eine Senkung der Rohstoffzuteilung konnte den Erfolg des soliden Unternehmens nicht ernsthaft gefährden. 1938 gab es noch etwa 700 Beschäftigte.

Schließlich wurde der Betrieb doch "arisiert". Ein Berliner Unternehmer mit guten Kontakten zu NS-Funktionären, Friedrich Minoux, erwarb die Fabrik
im Juli 1938 - weit unter Wert. Das Unternehmen trug nun den Namen Cellulosefabrik Okriftel a. M. Friedrich Minoux.

Die Fabrik blieb nur kurze Zeit im Besitz von Friedrich Minoux. Nach
dessen Verhaftung wegen Untreue und Betruges übernahm der SS-
und Wehrwirtschaftsführer Fritz Kiehn aus Stuttgart im Juli 1943 das Unternehmen.

Während des Zweiten Weltkrieges sollen in der Produktion rund 150 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eingesetzt worden sein.
Im Dezember 1944 wurde der Betrieb wegen Rohstoffmangel vorüber-
gehend eingestellt.
"Arisierung" der Okrifteler Papier- und Cellulosefabrik: Gauleiter Sprenger (li.) im Gespräch mit Friedrich Minoux (re.) vor dem Verwaltungsgebäude in der Kirchgrabenstraße, 1938.
"Arisierung" der Okrifteler Papier- und Cellulosefabrik: Gauleiter Sprenger (li.) im Gespräch mit Friedrich Minoux (re.) vor dem Verwaltungsgebäude in der Kirchgrabenstraße, 1938.
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Emigration

Schreiben der Pariser Reiseagentur Palex-Tours an Bernhard Hahn, 1939.
Schreiben der Pariser Reiseagentur Palex-Tours an Bernhard Hahn, 1939.
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Der sukzessive Entzug der Existenzgrundlage und die zunehmende Ausgrenzung führten dazu, dass sich immer mehr Jüdinnen und
Juden zur Emigration entschlossen.

Doch der Auswanderung standen ganz beträchtliche Hindernisse entgegen. Denn die deutsche Emigrationspolitik war widersprüchlich. Der Staat förderte und hemmte die Auswanderung gleichermaßen. Zudem hatten die meisten Länder bereits im Zuge der Weltwirtschaftskrise die Einwanderungs-möglichkeiten eingeschränkt. Aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen
und politischen Lage verschärften sich diese in der Folgezeit immer mehr.
Im Oktober 1938 wurden die Reisepässe deutscher Jüdinnen und Juden für ungültig erklärt. Auslandspässe erhielten ihre Gültigkeit zurück, nachdem
sie mit einem "J" für "Jude" versehen worden waren.

Zugleich war es das erklärte Ziel des Regimes, aus den Auswanderungs-
willigen noch das Letzte herauszupressen. Ein rechtliches Mittel hierzu
wurde die "Reichsfluchtsteuer", nach der alle Auswanderer, die über ein steuerpflichtiges Vermögen von 50.000 Reichsmark  (Grenze ab 1934) verfügten, 25 % ihres Vermögens an das Reich zu zahlen hatten.
Hinzu kamen devisenrechtliche Bestimmungen, die zu immer neueren Sonderabgaben führten. Zudem wurde die Emigration der jüdischen Bevölkerung immer stärker mit der "Arisierung" verknüpft.

Auch in den drei Hattersheimer Gemeinden entschlossen sich immer mehr jüdische Einwohnerinnen und Einwohner dazu, ihr Heimatland zu verlassen. So wanderte beispielsweise Abraham Löwenstein, der Vorsteher der jüdischen Gemeinde Hattersheim, mit seinen Kindern Selma, Lina und Adolf bereits 1934 in die USA aus.

Auch die Inhaber der Okrifteler Seifenfabrik, Ferdinand Lang und seine Schwester Paula, gerieten immer mehr unter Druck. Im August 1938 sahen
sie sich gezwungen, den Familienbetrieb an die Firma M. Kappus/ Seifenfabrik aus Offenbach zu verkaufen. Ferdinand Lang gelang noch kurz vor Kriegs-
ausbruch 1939 die Flucht. Über England reiste er in die USA. Paula Lang lebte noch einige Zeit in Frankfurt und wurde von dort aus am 20. Oktober 1941 in das Ghetto Lodz verschleppt. Ihre Spur verliert sich dort.
Schreiben der Pariser Reiseagentur Palex-Tours an Bernhard Hahn, 1939.
Schreiben der Pariser Reiseagentur Palex-Tours an Bernhard Hahn, 1939.
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"In Paris hat ein polnischer Jude Gryns[z]pan auf den

deutschen 
Diplomaten vom Rath in der Botschaft geschossen

und ihn schwer 
verletzt. Aus Rache für die Juden. [...] 

In Hessen große antisemitische Kundgebungen.

Die Synagogen werden niedergebrannt.

Wenn man jetzt den Volkszorn einmal loslassen könnte!"

Tagebucheintrag Joseph Goebbels, 8. November 1938.

Am 7. November 1938 verübte ein junger jüdischer Mann namens Herschel Grynszpan in der deutschen Botschaft in Paris ein Attentat auf den Diplomaten Ernst vom Rath, an welchem dieser am 9. November verstarb. Dieses Ereignis wurde von den Nationalsozialisten als eine Verschwörung
des "Weltjudentums" gegen das Reich emporstilisiert und
zum Vorwand für die Inszenierung der sogenannten "Reichskristallnacht".

Insgesamt wurden während des Pogroms im November 1938 über 1.400 Synagogen und Betstuben zerstört und zahllose jüdische Geschäfte und Wohnungen verwüstet und geplündert. Mehr als 30.000 jüdische Männer wurden verhaftet und rund 26.000 von ihnen in die Konzentrationslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen verschleppt.

Man schätzt die Zahl der Toten heute auf bis zu 1.500. Rund 1.000 Männer starben zudem in der KZ-Haft beziehungsweise als Folge der Inhaftierung.
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Hattersheim

Nachweisung der am jüdischen Besitz am 10. und 11. [November] 1938 vorgenommenen Beschädigungen (Auszug), 13. November 1938.
Nachweisung der am jüdischen Besitz am 10. und 11. [November] 1938 vorgenommenen Beschädigungen (Auszug), 13. November 1938.
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In Hattersheim lebten im November 1938 noch acht Jüdinnen und Juden. Der Pogrom begann hier am Abend des 10. Novembers.

Zwischen 22 und 23 Uhr wurde das Wohn- und Geschäftshaus des Metzgers Ludwig Nassauer an der Ecke Hofheimer Straße/ Mainzer Landstraße überfallen. Das Kühlhaus wurde aufgebrochen und das Fleisch auf die Straße geschleudert. Wertsachen wie Silber und Schmuck-stücke, Pelze und Uhren wurden gestohlen.
Die Ausschreitungen dauerten offenbar bis etwa Mitternacht an. Ludwig Nassauer wurde verhaftet und am
11. November über Frankfurt in das KZ Buchenwald verschleppt. 

Die Mitglieder der Familie Nassauer waren vermutlich die einzigen Opfer
des Pogroms in Hattersheim. Über die Geschehnisse vor dem Hause
des Ehepaars Theodor und Mina Grünebaum in der Staufenstraße gibt
es widersprüchliche Berichte. Offenbar hatte sich auch hier eine Gruppe von sechs bis acht Personen versammelt, um das Ehepaar zu überfallen. Mehrere Zeugen berichteten, dass NSDAP-Ortsgruppenleiter Friedrich Windeis diese mit vorgehaltener Waffe von ihrem Vorhaben abgehalten habe. Grund dafür könnten persönliche Beziehungen gewesen sein - Windeis und Grünebaum hatten einst als Kollegen bei den Farbwerken Höchst gearbeitet. Andere Zeugenaussagen berichten von einem Überfall auf das Ehepaar. Durch die vorliegenden Quellen lässt sich dieser Widerspruch nicht aufklären.

Eine Schadensmeldung über eine zerstörte Synagoge liegt für Hattersheim nicht vor. Das Gebäude in der Erbsengasse wurde zu diesem Zeitpunkt offensichtlich nicht mehr als Gotteshaus genutzt.


Nachweisung der am jüdischen Besitz am 10. und 11. [November] 1938 vorgenommenen Beschädigungen (Auszug), 13. November 1938.
Nachweisung der am jüdischen Besitz am 10. und 11. [November] 1938 vorgenommenen Beschädigungen (Auszug), 13. November 1938.
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Okriftel

Das im Zuge des Pogroms zerstörte Haus des Ehepaares Schwarz. Lehrer und NSDAP-Ortsgruppenleiter Oskar Schneider führte seine Schüler*innen zum zerstörten Gebäude, 19. März 1939.
Das im Zuge des Pogroms zerstörte Haus des Ehepaares Schwarz. Lehrer und NSDAP-Ortsgruppenleiter Oskar Schneider führte seine Schüler*innen zum zerstörten Gebäude, 19. März 1939.
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Lebten Ende 1937 noch
18 Jüdinnen und Juden
in Okriftel, so war ihre Zahl bis September 1938
auf neun gesunken.

Wie in Hattersheim,
so begannen die Aus-
schreitungen auch in Okriftel am Abend des
10. Novembers - ver-
mutlich gegen 19 Uhr.

Zunächst wurde das Wohn- und Geschäftshaus des Bernhard Hahn in der Langgasse überfallen. Das kleine, aber erfolgreiche Kaufhaus hatte bereits zuvor aufgrund der zunehmenden Verfolgung schließen müssen. Waren sollen zu diesem Zeitpunkt dort nicht mehr gelagert gewesen sein. Über die Ereignisse im Haus seiner Eltern berichtete Willi Hahn später:

"Anläßlich des Judenpogroms im November 1938 wurden unser Geschäft

und Wohnung [sic] durch nationalsozialistische Anführer und Elemente

heimgesucht, total demoliert, sämtliches Mobiliar zerschlagen und alles

von Wert entwendet. Ein schwerer gepanzerter Kassenschrank wurde mittels

Brecheisen gewaltsam aufgerissen, wobei auch die Buchführung des

Geschäftes abhanden kam, ebenso die darin befindlichen Geldbeträge

und Wertgegenstände. [...]"

Am Abend des 10. Novembers wurde auch das in Okriftel lebende Ehepaar Schwarz Opfer der Ausschreitungen. Die Fenster des Hauses in der Neugasse wurden zertrümmert, Einrichtungsgegenstände und das Dach wurden zerstört. Zeugen berichteten später, dass das Ehepaar im eigenen Keller eingesperrt und mit einem Messer bedroht wurde. Adolf Schwarz soll
zudem misshandelt worden sein.

Wie die Familie Offenheimer-Bloch den Pogrom erlebte ist bisher nicht bekannt - auch nicht, ob sie sich zu diesem Zeitpunkt überhaupt in
Okriftel aufhielten.











Das im Zuge des Pogroms zerstörte Haus des Ehepaares Schwarz. Lehrer und NSDAP-Ortsgruppenleiter Oskar Schneider führte seine Schüler*innen zum zerstörten Gebäude, 19. März 1939.
Das im Zuge des Pogroms zerstörte Haus des Ehepaares Schwarz. Lehrer und NSDAP-Ortsgruppenleiter Oskar Schneider führte seine Schüler*innen zum zerstörten Gebäude, 19. März 1939.
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Eddersheim

Nachweisung der am jüdischen Besitz am 10. und 11. [November] 1938 vorgenommenen Beschädigungen (Auszug), 13. November 1938.
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In Eddersheim lebten im November 1938 noch elf Jüdinnen und Juden.
Und auch in Eddersheim begann der Pogrom in den Abendstunden des
10. Novembers.

Zwei Gruppen von Randalierern waren hier am Werke. Eine Gruppe zog
wohl zwischen 18 und 19 Uhr zum Haus der Familie Klein in die Bahnhof-
straße - eine zweite zum Hause Hubert in die Propsteistraße.

Zeugen erinnerten sich nach dem Krieg:

"An einem Abend im November 1938 hörte ich auf der Straße Krach und

Geschrei. Ich ging mit meinen Kindern auf die Straße, nach dem Anwesen

von Hubert. Dort habe ich eine größere Menge Leute gesehen, welche Möbel,

Deckbetten und sonstige Gegenstände zertrümmerten und von dem Fenster

auf die Straße warfen."

Max Hubert war Inhaber eines Schuhwarenladens mit Schusterei. Tochter Klara und Sohn Moritz berichteten später, dass auch am 11. November der "spontane Volkszorn" seinen Lauf nahm: Das Lager in der Mainstraße wurde damals

"teilweise zerstoert, geraubt und verschleudert […]."

Die Schuhe wurden

"auf den Hof geworfen und in die Zisterne […]."

Das Geschäft wurde umgehend durch die Gemeindeverwaltung ab-
gemeldet. Zu diesem Zeitpunkt war Moritz Hubert bereits verhaftet
und in das KZ Buchenwald verschleppt worden.

Ebenfalls am Abend des 10. Novembers wurde das Anwesen der Familie
Hahn in der Propsteistraße überfallen. Im Haushalt lebte zu diesem
Zeitpunkt nur noch Regina Hahn mit ihrer Tochter Martha. Die Fenster
des Hauses wurden zerschlagen, die Möbel ebenso.

Selbst die 77-jährige Johanette ("Settchen") Klein wurde an diesem Abend in ihrer Wohnung in der Fischergasse überfallen. Die Haustür, das Mobiliar und einige Fenster wurden zerstört.

Über die Ereignisse im Hause der Viehhändler-Familie Klein berichtete die Tochter Alice Frohwein nach dem Kriege...

Nachweisung der am jüdischen Besitz am 10. und 11. [November] 1938 vorgenommenen Beschädigungen (Auszug), 13. November 1938.
Nachweisung der am jüdischen Besitz am 10. und 11. [November] 1938 vorgenommenen Beschädigungen (Auszug), 13. November 1938.
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"Ich flüchtete mit meinem Jungen in eine Scheune und verblieb dort eine Nacht in der ständigen Angst vor weiteren Verfolgungen."

"[Ich erinnere mich, d. V.] dass im Haus meiner Eltern praktisch kein Stück mehr ganz war, dass auch Türen und Fenster zerstört waren. […]

[Ich] kann über diese Ereignisse in der sogen. Kristallnacht nur sagen, dass - nachdem ich alles sah - mich das Grauen gepackt hat. Mehr bin ich beim besten Willen nicht in der Lage zu sagen[,] es sei denn, dass ich in der gleichen Nacht, wie so viele Andere, nur noch einen einzigen Wunsch hatte und diesen auch durchführte, nicht[s] mehr davon zu sehen.

Ich erinnere mich heute noch, dass ich einige Kleider hoffte aus den Trümmern für mich retten zu können - auch das eine oder andere Schmuckstück und bares Geld[,] von dem ich wusste, wo wir es aufbewahrt hatten. Selbst an diesem Vorhaben wurde ich durch die in meiner Wohnung wütenden Nazis gehindert […] und ich flüchtete nach Mainz, wo Angehörige meines Mannes wohnten.

Die Wohnung habe ich nicht mehr betreten und bin
von Mainz aus direkt nach Köln gefahren und von Köln
aus ausgewandert."


Alice Frohwein

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Der Novemberpogrom 1938 läutete das Ende der
jüdischen Existenzmöglichkeiten in Deutschland ein.

Während ein Großteil der jüdischen Männer nach dem
Pogrom in Dachau, Sachsenhausen oder Buchenwald festgehalten wurde, erging über die Zurückgebliebenen
eine Flut von Anordnungen und Gesetzen.

So beispielsweise die "Verordnung über eine Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit“ und die "Verord-nung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben". Jüdinnen und Juden wurde der Besuch "deutscher" Schulen verboten, mit Beginn des Jahres 1939 waren sie verpflichtet, die zusätzlichen Vornamen "Israel"
oder "Sara" zu führen. Die Zwangskennzeichnung mit dem Judenstern wurde zum 1. September 1941 angeordnet. Zugleich wurde die "Zwangsarisierung" aller verbliebenen jüdischen Betriebe verfügt.

Die Ereignisse der "Kristallnacht" und der Folgezeit führten zu einer panikartigen Massenflucht aus Deutschland. Zwischen November 1938 bis September 1939 gelang noch rund 115.000 Jüdinnen und Juden die Flucht aus Deutschland. Ab der Mitte des Jahres 1939 wurde die Auswanderung massiv erschwert und im Oktober 1941 schließlich verboten. Zu diesem Zeit-punkt hatte der Völkermord bereits begonnen.

Im November 1938 lebten in den Gemeinden Hattersheim, Eddersheim und Okriftel noch etwa 28 Jüdinnen und Juden. Auch für sie wurden die Ereignisse um die "Kristallnacht" zur Zäsur.
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Entwicklung der jüdischen Bevölkerung in Okriftel, 1939.
Entwicklung der jüdischen Bevölkerung in Okriftel, 1939.
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"Sämtliche jüdischen Familien haben Eddersheim verlassen […]."

So lautete eine Meldung des Eddersheimer Bürgermeisters am
13. November 1938 an den Landrat.

Und auch in Okriftel und Hattersheim blieben nur einzelne Jüdinnen
und Juden zurück. Einige flohen zu Verwandten, andere nach Frankfurt
- manche in der Hoffnung, doch noch eine Chance zur Auswanderung
ergreifen zu können.

Der Unternehmerfamilie Bloch/ Offenheimer aus Okriftel gelang
die Flucht. Nach dem Pogrom floh Siegfried Bloch mit seiner Frau
Marie Therese (geb. Offenheimer) und der Tochter Gertrude über
Amsterdam nach England und schließlich in die USA.

Auch Ernst Offenheimer, seine Mutter Lucie und seine Frau Elly
wanderten noch im gleichen Jahr in die USA aus. Vom Verkaufserlös
der Papier- und Cellulosefabrik blieb den Flüchtenden allerdings nichts.
Einen Betrag von 1 Mio. RM mussten sie als "Reichsfluchtsteuer" abtreten -
der Rest wurde auf ein Sperrkonto eingezahlt. Auch über ihre anderen
Konten konnten sie nicht mehr verfügen.
Entwicklung der jüdischen Bevölkerung in Okriftel, 1939.
Entwicklung der jüdischen Bevölkerung in Okriftel, 1939.
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Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs verschärfte sich die Lage der in Deutschland verbliebenen Jüdinnen und Juden nochmals. Auf Raub und Ghettoisierung folgten ab Oktober 1941 schließlich die Deportation und Völkermord.

In Frankfurt begannen die Deportationen am 19. Oktober 1941.
Unter den Verschleppten befanden sich auch Julius und Rosa Klein aus Eddersheim sowie Josef Gutheim mit Frau und Sohn aus Okriftel.

Am 11. November fand die zweite Deportation nach Minsk statt. Seitdem gelten Johanna Schwarz, ihre Tochter Selma,
ihr Schwiegersohn Eduard Gotthilf sowie Walli Löwenberg
aus Okriftel als verschollen.

Im Frühjahr 1942 erfolgten drei große Deportationen, die für das Durchgangslager Izbica bestimmt waren. Martha Hahn
aus Eddersheim überlebte diesen Transport nicht.

Im Spätsommer 1942 wurden in drei Transporten auch Johannette Klein und Katharina Klein aus Eddersheim sowie Babette Gutheim aus Okriftel, die in jüdischen Altersheimen in Frankfurt gelebt hatten, deportiert. Am 29. September 1942 verschleppten die Nationalsozialisten Theodor Grünebaum und seine Frau Mina direkt von Hattersheim in das Vernich-
tungslager Treblinka. Ihre Todesdaten bleiben unbekannt.

Beim letzten großen Transport nach Theresienstadt am
15. September 1942 waren bereits die Eddersheimer Max
und Rosa Hubert von Frankfurt aus verschleppt worden.
Beide kamen dort ums Leben.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs lebten in Eddersheim und Okriftel keine Jüdinnen und Juden mehr. In Hattersheim wohnten nur noch die in einer "priviligierten Mischehe" lebende Rosa Junker und zwei namentlich nicht genannte "Halbjuden".
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Aufarbeitung

Stolpersteine für die Familie Grünebaum aus Hattersheim, verlegt 2010.
Stolpersteine für die Familie Grünebaum aus Hattersheim, verlegt 2010.
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Ende der 1990er Jahre begann auf Initiative der Stadt Hattersheim am Main die Aufarbeitung der Geschichte der drei Hattersheimer Gemeinden in der
NS-Zeit und somit auch die der Historie der jüdischen Gemeinden.

An diesem Prozess waren neben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung auch Historikerinnen und Historiker, Zeitzeuginnen
und Zeitzeugen, Opfer, Pädagoginnen und Pädagogen sowie weitere Einzelpersonen wie Institutionen beteiligt. 

Im Jahre 2008 erschien Anna Schmidts Monographie Hattersheim, Eddersheim, Okriftel im Nationalsozialismus. Diktatur, Widerstand,
Verfolgung 1933-1945. Im Jahr darauf nahm die AG Opfergedenken
ihre Arbeit auf. 2010 wurde mit der Verlegung der Stolpersteine
begonnen - bis heute wurden 81 Steine für Opfer der NS-Diktatur
verlegt.

Insgesamt ist bisher das Schicksal von 74 Frauen, Männern und Kindern
aus den Ortsteilen der Stadt Hattersheim am Main bekannt, die nach Definition der Nationalsozialisten als Jüdinnen und Juden galten:
40 Personen stammten aus Okriftel, 18 aus Eddersheim und 16
aus Hattersheim.

Ihre Biographien sind in dem 2014 erschienenen Buch "…man müßte
einer späteren Generation Bericht geben" - Ein Lesebuch zur
Geschichte und Gegenwart von Hattersheim am Main
veröffentlicht
und können auch über die Homepage der Stadt Hattersheim am Main
(https://www.hattersheim.de/stolpersteine) abgerufen werden.

Heute leben im Hattersheimer Stadtgebiet 26 Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens.
Stolpersteine für die Familie Grünebaum aus Hattersheim, verlegt 2010.
Stolpersteine für die Familie Grünebaum aus Hattersheim, verlegt 2010.
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